Die Kuhmilch ist für mich bis heute Lebenselexir geblieben. Viele verbannen die Milch aus Ihrem Speiseplan – sie ist zu fett, zu viele Kalorien, braucht man nicht – ich esse mal ein Stück Käse –
Milchprodukte sind ungesund……
Mag sein, dass der eine oder andere keine Milch verträgt aus gesundheitlichen Gründen
Ich liebe kalte Milch nach einem rauschenden „Weinabend“ , ich liebe den süß-herben Geschmack von selbstgekochtem Kakao, im Winter mit meiner oriantlischen Gewürzmischung (Sternanis, Zimt,Kardamon)
Als kleines Mädchen wäre ich fast gestorben, weil ich im Krankenhaus keine Milch von meiner
Bella bekam. Die Frühjahrsmilch, wenn die Kühe nach langem Winter wieder Gras, Kräuter fressen konnten, kann ich ganz hinten in einen Geschmacksspeicher noch schmecken.
Der Geschmack veränderte sich, leicht bitter, süßer Kleegeschmack, säuerliche Variante, wenn die Kühe in der „Metlar“ grasten, wo besonders viel Sauerampfer wuchs.
Diese Geschmacksvarianten kann man nicht kaufen, nicht erlernen zu schmecken, sie sind glaube ich angeboren, überliefert und bleiben doch haften ein ganzes Leben.
Auch heute habe ich immer einen Vorrat an Frischmilch im Kühlschrank – ehrlich gesagt, die Billigmilch meide ich – mir scheckt sie nicht. Einbildung ??
Was ich nicht mag, die Milchsuppe meiner Kindheit, im grunde warme Milch gewürzt oder auch nicht mit eingeweichtem Weissbrot, eklig, wenn die Suppe im Schnauzbart meine Opas hängenblieb.
Warme Milchsuppe mochte ich niee!
Aber die kalte Milchsuppe, die es im Sommer beim Heumachen immer gab, liebe ich bis heute.
Sie bestand aus eiskalter, frisch abgekochter Milch, einer Flasche Bier – helles – und Eiweißnocken
Als Kind wurde man einwenig müde und man schlief auf der Rückfahrt auf dem Heuwagen ein, man wachte auf und hatte den Geruch von frischem Heu in der Nase und über eine war nichts als ein gefegter Sommerhimmel.
Diese Träume vermitteln eine nicht wieder zu erlangende Stärke, Kreativität und Leichtigkeit ….
Das wohlige Gefühl von kalter Sommermilchsuppe kann man leider nicht beschreiben aber vielleicht auf einer Bergalm erleben.
Die Verbindung von Mensch – Tier – Nahrungsquelle sollten wir uns und unseren Kindern bewahren, nur so kann man einen Geschmack entwickeln, der uns vor vielen unguten Zutaten schützt.
Unsere rotbunte Kuh „Schimmel“ war sehr eigensinnig, aber auch stark und hatte eine gute, fette Milch und ließ sich sogar auch von mir melken.
Mitte der 60iger Jahre war die Landwirtschaft auf den kargen Böden des Westerwaldes nicht mehr rentabl, außerdem konnte mein Großvagter altersbedingt, die oft schweren Feldarbeiten nicht mehr leisten. Der Rest der Familie arbeitete in der Keramikindustrie bzw. mein Vater war ein leidenschaftlicher Maurer und hatte an der Landwirtschaft und der Imkerei kein Interesse.
So zwang man ihn dazu die Landwirtschaft aufzugeben.
Schimmel sollte an einen Freund meines Vaters im Nachbardorf verkauft werden.
Dort waren die Felder mit Maschinen zu bestellen, was in unserem steilen Gelände nicht möglich war
Theo würde die Kuh gut versorgen, außerdem konnte ich die Schimmel besuchen, denn meine Grundschule war im gleichen Ort.
Großvater versprach mir eine kleine Wallfahrtsreise nach Walldürn und er würde dafür sorgen, dass ich schulfrei bekäme. Ein schwacher Trost! Schweren Herzens begleitete ich meinen Großvater in das ca. 3 km entfernte Nachbardorf. Schimmel ließ sich von mir leicht führen und auf dem Hinweg redeten wir uns alles schön. Theo bezahlte – 2500,– DM -, das war sehr viel Geld. Der Stall war zwar mir zu dunkel, das Stroh zu spärlich ausgelegt, aber Handschlag war Handschlag und der Vertrag war nicht mehr rückgängig zu machen.
Auf dem Rückweg sprachen wir zunächst kein Wort. Dann sah ich, dass mein Opa weinte.
Noch nie hatte ich ihn weinen gesehen. Er wischte die Träne weg und meinte die Luft ist so rauh heute, sie treibt mir die Tränen in die Augen.
Ich hatte den Führstrick behalten und er roh immer noch nach meiner Schimmel.
Auf dem Waldweg kamen wir schnell voran. Doch dann brach es aus mir heraus und wir weinten beide bitterlich und versuchten uns gegenseitig zu trösten.
„Sag ja nichts der Oma, die freut sich das einwenig Geld ins Haus kommt, Du mußt mir versprechen, dass Du niemals vergißt, was das Vieh für den Mensche wert ist und vergiß es auch nicht, wenn Du die Milch in 10 Jahren nur noch in Tüten kaufen kannst.“
Ich schwörte niemals es zu vergessen, wir trotteten heim und Opa nahm erst mal einen großen
Dauborner, denn ihm war ganz flau im Magen.
Tatsächlich heute kaufen wir die Milch „in Tüten“ , vergessen werde ich die Milch meiner Kindheit nie.